Sonntag, 13. Januar 2013

Die österreichischen Spitäler - ein datenjournalistischer Überblick

Von Matthias Fuchs, Franz Hubik, Martin Riedl und Mathias Slezak


Jeder, der in Österreich in ein Krankenhaus muss, hat die Möglichkeit dazu und wird dort bestmöglich versorgt. Dafür sorgt unser Gesundheitssystem. 

Aber wie werden unsere Spitäler eigentlich finanziert? Und wieviel zahlt jeder Bürger und jede Bürgerin für das eine konkrete Spitalsbett, in dem er oder sie liegt? Österreich gibt im Vergleich mit anderen Ländern viel Geld für Gesundheit aus, wie die Grafiken zeigen werden. Ist das gerechtfertigt? Und gibt es in Österreich nicht eigentlich zuviele Krankenhäuser? Diesen und weiteren Fragen wird in diesem Blog nachgegangen.

Gesundheitsausgaben im Vergleich

Gesundheitsausgaben pro Kopf: Österreich gibt im Europa-Vergleich sehr viel Geld für sein Gesundheitswesen aus. Pro Kopf entfallen auf jeden Österreicher Kosten von 4.395 US-Dollar (3.294 Euro). Das entspricht elf Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Höhere Gesundheitsausgaben in einzelnen Ländern führen zudem nicht automatisch zu höheren Lebenserwartungen. Krankenhaushäufigkeit: Unter der „Krankenhaushäufigkeit“ versteht man die Anzahl der Krankenhausentlassungen je 100.000 Einwohner/innen, die mit einem Aufenthalt von mind. 24 Stunden verbunden sind. Stationäre Aufenthalte stellen einen besonders kostenintensiven Faktor für ein Gesundheitswesen dar. Österreich liegt bei der „Krankenhaushäufigkeit“ auf dem unrühmlichen ersten Rang.

Österreich leistet sich seit Jahren eine sehr hohe "Spitals-Bettendichte". Die Bettendichte errechnet sich aus den in den Krankenanstalten aufgestellten Betten je 100.000 Einwohner/innen und gibt Auskunft über die Versorgungskapazitäten im stationären Bereich. Eine geringe Bettendichte geht nicht zwangsläufig mit einer schlechteren Versorgungssituation einher.


Die Bettendichte ist de facto überall in Europa rückläufig. Seit Jahren geht der Bettenabbau in Österreich aber deutlicher langsamer voran als anderswo.
Anteil der stationären Kosten an den Gesundheitsausgaben: Stationäre Aufenthalte sind besonders teuer, weil neben der medizinischen Versorgung und Medikamenten noch die Kosten für Betten und Verpflegung hinzukommen. Der Anteil der stationären Kosten an den gesamten Gesundheitsausgaben liegt in Österreich bei 36 Prozent und damit um fast acht Prozent höher als im EU-Schnitt.


Gesundheitsausgaben nach Sektoren: Die jährlichen Gesundheitsausgaben Österreichs von mehr als 30 Milliarden Euro, lassen sich in grob acht Sektoren einteilen. Mit 36 Prozent der Gesundheitsausgaben ist der stationäre Bereich, der größte Kostenbrocken. Am wenigsten Geld wird im österreichischen Gesundheitssystem für die Prävention ausgegeben.
Betten-Auslastungsrate: Die Bettenauslastung ist der Nutzungsgrad der Krankenhausbetten in Prozent.   Gesunheitsausgaben in Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Vergleich ausgewählter OECD-Mitglieder.


Spitalsfinanzierung in Österreich


Die Spitalsfinanzierung in Österreich setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. 128 der insgesamt 279 Krankenanstalten in Österreich sind öffentlich finanziert. Sie werden von den Landesgesundheitsfonds finanziert und umfassen die öffentlichen allgemeinen und Sonderkrankenanstalten sowie die privaten gemeinnützigen allgemeinen Krankenanstalten. Die Fondskrankenanstalten verfügen über insgesamt 77 Prozent der Spitalsbetten Österreichs und versorgen rund 90 Prozent aller stationären Patienten. Die restlichen Spitäler werden über den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, der von den Sozialversicherungsmitteln finanziert wird (rund 4.000 Betten) sowie weitere Krankenanstalten, die vom nach dem LKF-System finanziert werden (rund 11.600 Betten), bei ihnen handelt es sich vor allem um Rehabilitationszentren und Unfallkrankenhäuser.
Das Krankenanstaltswesen fällt aufgrund der Bundesverfassung sowohl in den Aufgabenbereich des Bundes, als auch in den der Bundesländer. Während der Bund für die Gesetzgebung verantwortlich ist, fällt die Zuständigkeit für die Umsetzung auf die Bundesländer. Sie müssen die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen und haben für die Umsetzung die Landesgesundheitsfonds installiert. 

Seit 2005 gibt es die Bundesgesundheitsagentur, darin sitzen Vertreter von Bund, Sozialversicherung, Städten, Gemeinden, Krankenanstalten, Patientenvertretung und der Ärztekammer.
Ihr untergeordnet sind neun Landesgesundheitsfonds, die die Vorgaben der Bundesgesundheitsagentur umsetzen müssen.
Finanziert werden die Spitäler von mehreren Geldgebern. An erster Linie stehen die Sozialversicherungsträger, außerdem tragen die Bundesländer, der Bund und die Gemeinden zur Finanzierung bei. Kleinere Beträge entfallen auch auf die Patienten selbst oder auf die privaten Krankenversicherungen.
Die Mittel der Landesgesundheitsfonds können die Kosten der von ihr finanzierten Spitäler nicht zur Gänze abdecken, weshalb die jeweiligen Spitalsträger, also Land, Gemeinde bzw. Orden, für weitere Kosten aufkommen müssen.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

Spitalsbettendichte in Österreich

Bei Spitälern wird zwischen systemisierten - also behördlich gemeldeten Betten - und tatsächlichen Betten unterschieden. Für beide Kategorien werden Zahlen erhoben. Die tatsächlichen Betten sind jene Betten, die es im Jahresdurchschnitt tatsächlich in einem Spital gibt. In diesem Blogpost beschäftigen wir uns mit der Bettendichte in den einzelnen Bundesländern Österreichs.

Bettendichte-eine Kennzahl für den Versorgungsgrad eines Gebiets?

Absolute Bettenzahlen alleine haben keine Aussagekraft über die gewährleistete Versorgung, interessant ist deshalb, die Bettenzahlen in Relation zur Bevölkerung zu setzen. Die Maßeinheit, die in den folgenden Grafiken verwendet wird, ist tatsächliche Betten (in landesgesundheitsfondsfinanzierten Spitälern) pro 100.000 Einwohner.

Treffsicherheit und Richtigkeit der Daten

Bei all diesen Berechnungen darf nicht darauf vergessen werden, dass Wien eine besondere Position einnimmt was die Spitalslandschaft betrifft. Der Versorgungsauftrag Wiens reicht weit über seine Grenzen hinaus. Das konnte hier nicht berücksichtigt werden, weil uns keine Daten vorliegen, wieviele Patienten zur Behandlung in das Spital eines anderen Bundeslands kommen. Wir können deshalb für die Richtigkeit der Daten und der darauf aufbauenden Berechnungen keine Garantie abgeben.

Österreichs Bundesländer - Bettendichte im Überblick



Quellen: GÖG - Österreichischer Spitalskompass (http://www.spitalskompass.at/); BMG - KA-Statistik/KDok 2011; GÖG - eigene Berechnungen / Statistik Austria - Registerzählung 2011 - Vorläufiges Ergebnis, eigene Berechnungen.

Die Bundesländer sind als Heatmap eingefärbt, dort wo die Spitalsbettendichte am höchsten ist, ist die Farbe am dunkelsten. Gerundet wird auf ganze Zahlen. Im Folgenden das Ranking nach Bettendichte:

1. Salzburg - 642 Betten*
2. Kärnten - 611
3. Oberösterreich - 602
4. Wien - 596
5. Tirol - 577
6. Steiermark - 556
7. Vorarlberg - 512
8. Niederösterreich - 503
9. Burgenland - 403

*Werteinheit: tatsächliche Betten in landesgesundheitsfondsfinanzierten Spitälern / 100.000 Einwohner

Der Blick auf einzelne Fachabteilungen

Im nächsten Schritt werden die Bettendichten auf einzelne Fachabteilungen heruntergerechnet. Die Heatmap stellt die Bettendichte bei der jeweiligen Abteilung dar. Wie schon zuvor: je dunkler die Karte, desto höher die Bettendichte. Zusatzinformationen gibt es beim Klick auf die Karte.

Innere Medizin

Ein Ranking nach absoluten Bettenzahlen bei der Inneren Medizin wird einem Ranking nach relativen Bettenzahlen (Betten / 100.000 EW) gegenübergestellt, auch der österreichische Schnitt wird in einer Randnotiz ergänzt. Diese Zusatzinformationen erscheinen beim Klick auf ein Bundesland.


Quellen: GÖG - Österreichischer Spitalskompass (http://www.spitalskompass.at/); BMG - KA-Statistik/KDok 2011; GÖG - eigene Berechnungen / Statistik Austria - Registerzählung 2011 - Vorläufiges Ergebnis, eigene Berechnungen.

Unfallchirurgie

Das gleiche Prozedere haben wir auch für die Unfallchirurgie angewandt. Bei Klick auf ein Bundesland scheint auf, wie sich die absoluten Bettenzahlen zu den relativen verhalten.



Quellen: GÖG - Österreichischer Spitalskompass (http://www.spitalskompass.at/); BMG - KA-Statistik/KDok 2011; GÖG - eigene Berechnungen / Statistik Austria - Registerzählung 2011 - Vorläufiges Ergebnis, eigene Berechnungen.

Pulmologie

Auch für die Pulmologie scheint beim Klicken auf die Länder ein Vergleichs-Ranking nach absoluten Bettenzahlen und relativen Bettenzahlen (Betten / 100.000 EW) auf.


Quellen: GÖG - Österreichischer Spitalskompass (http://www.spitalskompass.at/); BMG - KA-Statistik/KDok 2011; GÖG - eigene Berechnungen / Statistik Austria - Registerzählung 2011 - Vorläufiges Ergebnis, eigene Berechnungen.

Chirurgie

Für die Chirurgie wurde das gleiche Prozedere angewandt. Absolute versus relative Zahlen im Ranking scheinen beim Klick auf das Bundesland auf.


Quellen: GÖG - Österreichischer Spitalskompass (http://www.spitalskompass.at/); BMG - KA-Statistik/KDok 2011; GÖG - eigene Berechnungen / Statistik Austria - Registerzählung 2011 - Vorläufiges Ergebnis, eigene Berechnungen.

Spitäler in Österreicher



Karte aller 279 Krankenhäuser in Österreich

Datenquelle: Bundesminsterium für Gesundheit  
Visualisierung mit Google Fusion Tables


Legende:

Grün= von den Landesgesundheitsfonds finanziert
Rot= von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt finanziert
Blau= vom Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds finanziert  
Gelb= sonstig finanziert (z.B. Sonderkrankenanstalten)

Bettenführende Fachrichtungen: 

,AG/R= Akutgeriatire und Remobilisierung,  AU= Augenheilkunde, CH= Chirurgie, DER= Haut- und Geschlechtskrankheiten, GEM= Gemischter Belag, GGH= Frauenheilkunde und Geburtshilfe, 
HNO= Hals- Nasen- und Ohrenkrankheiten, IM= Inner Medizin,  
INT= Intensivüberwachung und Betreuung, KCH= Kinderchirurgie, KI= Kinderheilkunde, 
KJP= Kinder- und Jugendpsychiatrie, MKG= Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgie, NEU= Neurologie, NC= Neurochirurgie, OR= Ortopädie und orthopädische Chirurgie, PAL= Palliativmedizin,
PCH= Plastische Chirurgie, PSO= Psychosomatik, PSY= Psychiatrie, PUL= Pulmologie, 
STR= Strahlentherapie, UC= Unfallchirurgie, URO= Urologie